„Zulässiger Lärm“ als Ordnungswidrigkeit?

Nach dem Willen des AG Zweibrücken soll auch „zulässiger“, dem Umfang nach aber vermeidbarer Lärm ordnungswidrig (und damit bußgeldfähig) sein können (Urteil vom 29.10.2018 – 1 Owi 4235 Js 7742/18). In der Sache ging es um Musik, die zwar verkehrsüblich ist, wegen der Nähebeziehung des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses aber gesteigerten Rücksichtnahmepflichten unterliegen und daher nur in Zimmerlautstärke erlaubt sein soll.

Der Leitsatz „zulässiger Lärm kann ordnungswidrig sein“ ist zum Haareraufen und zeigt, dass Richter an ordentlichen Gerichten nicht zur Anwendung öffentlich-rechtlicher Normen berufen sind. Dass es in der Sache eben nicht um „zulässigen Lärm“ ging, sondern ein Verbot der Belästigung durch Tonwiedergabegeräte angewendet wurde, erfährt man erst bei Lektüre der Gründe.

UVPG auf Prüfstand beim EuGH – schon wieder

Der EuGH muss sich ein weiteres mal mit der deutschen Umsetzung der UVP-RL befassen (C-535/18). Wie das BVerwG bereits im April beschlossen hat (9 A 16.16), wird die Entscheidung über den Autobahnzubringer Ummeln in Nordrhein-Westfalen ausgesetzt, bis der EuGH implizit über die Unionskonformität des UVPG entschieden hat.

Zusätzliche Fragen richtet das BVerwG an den EuGH zum Thema Grundwasser (Auslegung des WHG nach WRRL).

Die Vorlagefragen finden sich hier.

Maß der baulichen Nutzung kann nachbarschützend sein!

Eine der großen Hürden bei der Anfechtung einer einem anderen (z.B. dem Nachbarn) erteilten Baugenehmigung ist die Frage, ob die fragliche Baugenehmigung gegen drittschützende Normen verstößt. Denn nicht jeder Rechtsverstoß ist angreifbar; einen allgemeinen Rechtsvollziehungsanspruch gibt es nicht.

Bislang wurde allgemein angenommen, dass zwar die in einem Bebauungsplan festgelegte Art der baulichen Nutzung nachbarschützend sein kann (Stichwort: Schicksalsgemeinschaft), weshalb eine Baugenehmigung, die gegen die festgelegte Art verstößt, durch Dritte angegriffen werden kann. Das Maß wurde jedoch nur über §14 BauNZVO als drittschützend angesehen, wenn durch die schiere Größe des Vorhabens eine Gefängnishofatmosphäre bzw. Erdrückungswirkung entstand; sonst war es nicht drittschützend (BVerwG NVwZ 1996, 170).

Nach einer neuen Entscheidung des BVerwG (Urteil vom 09.08.2018 – BVerwG 4 C 7.17) ist nun aber entscheidend, was der Plangeber wollte.

Nationaler Luftreinhalteplan

Heute erschien die neue 43. Bundes-Immissionsschutzverordnung im Amtsblatt (Verordnung zum Erlass der Verordnung über nationale Verpflichtungen zur Reduktion der Emissionen bestimmter Luftschadstoffe). Mit ihr verpflichtet sich der Gesetzgeber (einer entsprechenden Europäischen Richtlinie folgend), bis 2020 bzw. 2030 bestimmte Grenzwerte für Luftschadstoffe, insb. Feinstaub, NOx und SOx, einzuhalten. Emissionen der Maritimen Seeschifffahrt sind ausgenommen. Die Verordnung räumt dem UBA auf nationaler Ebene Rechte ein, die bislang üblicherweise nur auf kommunaler Ebene von den dortigen Behörden ausgeübt wurden – ein Novum um Immissionsschutzrecht.

Neuer Beitrag in der NVwZ

Im Juli erscheint in der NVwZ mein Beitrag „Abgas als Abfall“ (NVwZ 2018, 956-959). Darin befasse ich mich mit folgender Fragestellung (Abstract):

Abgase aus industriellen Prozessen werden in der Genehmigungs- und Überwachungspraxis meist ausschließlich nach Immissionsschutzrecht beurteilt. Dabei ist das Verhältnis zwischen Luftreinhaltungs- und Kreislaufwirtschaftsrecht keineswegs abschließend geklärt. Tatsächlich lässt sich mit den existierenden Normen kaum begründen, weshalb für Abgase nicht auch das Abfallrecht gelten soll. Dessen Anwendung hätte allerdings potentiell dramatische Folgen für Anlagenbetreiber. Der vorliegende Beitrag untersucht, ob sie durch Auslegung und Anwendung der bestehenden Vorschriften abgewendet werden kann.

EU zu Klimaeffekten von Landnutzung und Forstwirtschaft (LULUCF)

Am 14. Mai hat der Rat der Europäischen Union eine neue Verordnung über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) verabschiedet. Sie verpflichtet Mitgliedsstaaten mit sofortiger Wirkung (Inkrafttreten: 20 Tage nach Veröffentlichung im Amtsblatt), Treibhausgasemissionen aus den genannten Aktivitäten vollständig auszugleichen.

Die erste Verpflichtungsperiode beginnt 2021. Bis dahin müssen noch diverse Umsetzungsrechtsakte auf EU-Ebene verabschiedet werden. Dies kann erst geschehen, wenn die Verordnung tatsächlich in Kraft getreten ist. Seit kurzem konsultieren die Mitgliedstaaten und die Kommission nun eine Überarbeitung der Register-Verordnung (Delegierter Rechtsakt), die neben der dem Register für den EU-ETS auch die Registerführung unter der Effort-Sharing-Verordnung und der LULUCF-VO regelt.