Beseitigung von Grenzbäumen

Beseitigung von Grenzbäumen

Die Pflanzung und Beseitigung von Grenzbäumen, Grenzhecken und sonstiger Grenzbepflanzungen sind ein beliebter Grund zum Nachbarstreit. Viele Eigentümer schrecken aber vor der Hinzuziehung eines Anwalts zurück, da sie eine weitere Eskalation fürchten. Das kann dauerhafte Folgen haben.

Aus welchen Gesetzen kann man die Beseitigung von Grenzbäumen fordern?

Grenzbepflanzung kann verschiedenen Gesetzen unterliegen, deren Anwendbarkeit sich nach den Umständen des Einzelfalls ergibt. Auf landesrechtlicher Ebene ist zunächst das (jeweilige Landes-) Nachbarrechtsgesetz einschlägig. Es regelt typische Gegenstände des Nachbarstreits, etwa Grenzmauern, Schornsteine, Wasserleitungen, oder eben die Grenzbepflanzung. In Brandenburg z.B. sehen die §§ 37 ff. BbgNRG vor, dass (abhängig von Art und Höhe der Pflanzen) ein Abstand vom Nachbargrundstück von mehreren Metern einzuhalten ist. Dieser Anspruch kann auch gerichtlich durchgesetzt werden. Aber Achtung: Wer nicht innerhalb von zwei Jahren nach Anpflanzung gegen den Nachbarn vorgeht, kann seinen Anspruch auf Beseitigung der Grenzbäume verlieren!

Ansprüche können sich außerdem aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergeben. So hat der Eigentümer gemäß § 910 BGB einen (Selbsthilfe- bzw. Abwehr-) Anspruch darauf, überhängende Äste oder Wurzeln an der Grundstücksgrenze einfach abzuschneiden. Dieser Anspruch gilt laut BGH selbst dann, wenn der betroffene Baum hierdurch tödlich verletzt wird. Mit dem LG Köln ist das Vorliegen einer zur Selbsthilfe berechtigenden wesentlichen Beeinträchtigung aber auch im Lichte der Konsequenzen zu beurteilen, mit anderen Worten: Wird die Beseitigung des Überhangs zu einer tödlichen Verletzung des Baums führen, sind auch höhere Anforderungen an die Beeinträchtigung zu stellen. Aus § 1004 BGB ergibt sich außerdem ein Unterlassungsanspruch gegen Beeinträchtigungen des Grundstücks, wozu namentlich (aber nicht nur) Laubfall gehört. Hierbei ist jedoch eine ortsabhängige Zumutbarkeit in die Abwägung einzustellen – wer in ein baumreiches Gebiet zieht, braucht sich über Laubfall nicht wundern. Bei der Selbstvornahme ist auch die Kostenerstattung möglich, wenn eine sogenannte ungerechtfertigte Bereicherung im Sinne von § 812 BGB vorliegt (AG Hamburg-Altona, Urteil vom 7. Juli 2015, 314b C 178/14).

Was kann den vorgenannten Gesetzen entgegen stehen?

Eine Einschränkung ergibt sich außerdem aus der jeweiligen örtlichen Baumschutzverordnung. Regelmäßig ist nämlich die Beschädigung oder Beseitigung von Bäumen ab einem bestimmten Stammumfang aus naturschutzrechtlicher Sicht verboten. Hiervon gibt es zwar einige Ausnahmen; dennoch sollte man nicht ohne rechtliche Prüfung dem Begehr des Nachbarn folgen und den Grenzbaum fällen, denn dies kann ein stattliches Bußgeld nach sich ziehen.

Befinden sich die Grundstücke im Wald, sind Nachbarrechtsgesetz und Baumschutzverordnung meist nicht anwendbar – dann gilt neben dem BGB regelmäßig nur das jeweiligen Landeswaldgesetz.

Nachbarhecke als Sichtschutz

Unlängst hatte ein Oberlandesgericht auch über den Fall zu entscheiden, dass eine Grundstückseigentümerin ihre eigene Grenzhecke entfernte und damit ihrem Nachbarn den liebgewonnenen Sichtschutz nahm (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 07.09.2022 – 8 U 52/21). Dieser wollte den Verlust nicht hinnehmen, unterlag vor Gericht aber: Ein Anspruch auf Schadenersatz hätte ihm nur zugestanden, wenn die Pflanzenstämme zumindest teilweise aus der Oberfläche seines Grundstücks gewachsen wären; ein Überragen von Zweigen (und wohl auch Wurzeln) genügt nicht.

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Mietminderung bei Baulärm

BGH Mietminderung Baulärm

Der BGH hat sich zur Möglichkeit einer Mietminderung bei Baulärm geäußert. Mieter dürfen ihre Miete wegen Baulärm vom Nachbargrundstück nur unter bestimmten, in der Praxis wohl eher seltenen Umständen mindern. Dies hat der BGH in einem gestern veröffentlichten Urteil vom 29. April 2020 (Az. VIII ZR 31/18) entschieden. Mit seiner Entscheidung bestätigt und bekräftigt der Bundesgerichtshof seine bisherige diesbezügliche Rechtsprechung. Die Entscheidung gilt sowohl für Baulärm als auch für Staubimmissionen.

Eine Minderung gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB tritt danach grundsätzlich ein, wenn die Beschaffenheit der Umgebung, namentlich die Freiheit von Baustellenlärm und Staubimmissionen, mietvertraglich vereinbart wurde; eine solche Vereinbarung kommt in der Praxis freilich nicht vor. Die Annahme einer stillschweigenden Beschaffungsvereinbarung kommt nur bei konkreten entsprechenden Hinweisen in Betracht.

Anderenfalls kommt eine Minderung über § 242 BGB nur dann in Betracht, wenn der Vermieter sich seinerseits auf Grundlage von § 906 BGB gegen den Baulärm bzw. die Staubimmissionen des Nachbarn wehren kann. Das ist dann der Fall, wenn die Immissionen die Nutzbarkeit der Wohnung als Wohnraum erheblich einschränken. Hierfür ist der Mieter aber jedenfalls teilweise darlegungs- und beweispflichtig. Die Grenzwerte entsprechender Verordnungen, die normalerweise für die Beurteilung eines Sachverhalts nach § 906 BGB herangezogen werden, gelten hier indes nicht; die Beeinträchtigung ist allein nach mietrechtlichen Maßstäben zu beurteilen.

Nachtrag vom 6. Januar 2021

Im November 2021 sah sich der BGH veranlasst, diese Rechtsprechung noch einmal ausdrücklich zu bestätigen, nachdem Berliner Gerichte hiervon zugunsten der Mieter abgewichen waren (BGH, Urteil vom 24.11.2021 – VIII ZR 258/19). Darin hatte sich der BGH nochmals kritisch zur Mietminderung bei Baulärm geäußert und die vorgenannten Grundsätze bestätigt. Im Ergebnis ist ein Mietmangel als erst bei ortsunüblicher, unzumutbarer Einwirkung gegeben, gegen die der Vermieter sich seinerseits zur Wehr setzen könnte.

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Umnutzung vormals landwirtschaftlicher Gebäude nach Leerstand

Der Beitrag stellt zwei neue Entwicklungen im Bauplanungsrecht dar, die die Umnutzung vormals landwirtschaftlicher Gebäude (Scheunen, Ställe und sonstige Hofgebäude) etwa zu Wohn-, Büro- oder Veranstaltungszwecken vereinfachen.

Was bringt die Umnutzung vormals landwirtschaftliche Gebäude?

Die Landwirtschaft ist in verschiedener Hinsicht im Wandel. Ein schon immer mit dem Wetter schwankendes Einkommen wird durch den Klimawandel noch volatiler. Auch steht die konventionelle Produktion durch die Konkurrenz von Betrieben industriellen Maßstabs unter Preisdruck. Der Anbau von Energiepflanzen wird durch das Auslaufen der Biogasförderung und die Anforderungen der RED2 unrentabel. Und obendrein scheitert eine Übergabe des Betriebs im Alter am fehlenden Interesse möglicher Nachfolger. Die mittelständische Landwirtschaft muss sich oft selbst neu erfinden, um zu überleben. Neben dem ökologischen Anbau bieten Tourismus und die Vermietung von Räumen an coronaflüchtige Städter vielversprechende Entwicklungspfade. Das Bauplanungsrecht entwickelt sich in eine hierfür günstige Richtung.

Was hindert die Umnutzung vormals landwirtschaftlicher Gebäude?

Einer Umnutzung stehen in der Praxis zwei rechtliche Hürden im Weg. Zum einen verbietet § 35 BauGB die meisten baulichen Nutzungen im Außenbereich. Landwirtschaftliche Gebäude dürfen dort eigentlich nur deshalb stehen, weil sie in der Innenstadt nicht ihren Zweck erfüllen könnten und, im Fall von Tierställen, die dortige Wohnnutzung durch Immissionen beeinträchtigen würden. Denn die Nutzung eines Gebäudes zu Wohn-, Büro- oder Veranstaltungszwecken ist im Außenbereich grundsätzlich unerwünscht. Anderenfalls würde sich jeder mit den nötigen Kleingeld eine Hütte im Grünen gönnen und so die Landschaft zerstören, die er eigentlich genießen möchte.

Zum anderen sahen Behörden Gebäude, die mangels Nutzung und Unterhaltung über einen längeren Zeitraum dem Verfall ausgesetzt waren, bisweilen als illegal an, weil die Baugenehmigung durch Erledigung erloschen sei.

Baulandmobilisierungsgesetz erleichtert die Umnutzung

Mit dem Baulandsmobilisierungsgesetz hat der Gesetzgeber die Hürden des § 35 BauGB in zweierlei Hinsicht gesenkt. Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 lit. c, die die Änderung der bisherigen Nutzung (unter weiteren Voraussetzungen) erlauben, beschränken sich neuerdings nicht mehr auf die Umnutzung gegenwärtig landwirtschaftlich genutzter Gebäude. Anders als bisher reicht es fortan aus, dass ein Gebäude ursprünglich zur landwirtschaftlichen Nutzung errichtet wurde. Ein zwischenzeitlicher Leerstand ist fortan also unschädlich.

Außerdem ist nunmehr die Einrichtung von bis zu fünf (statt bisher bis zu drei) Wohnungen in alten Hofgebäuden erlaubt, § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 lit. f BauGB.

Fortgeltung alter Baugenehmigungen

Ferner hat der VGH München unlängst entschieden, dass ein längerer Leerstand bzw. eine längere Nutzungsunterbrechung (im entschiedenen Fall: 1978-2014) allein noch nicht zum Erlöschen der Baugenehmigung führt (VGH München, Urteil vom 2. November 2020 – 15 B 19.2210). Demzufolge ist ein zur Erledigung der Genehmigung führender Verfall ist erst dann gegeben, wenn der Gebäudezustand so schlecht ist, dass die bauliche Anlage unbenutzbar geworden und tatsächlich ein Wiederaufbau notwendig ist. Renovierungsarbeiten- und Modernisierungsarbeiten zur Wiedernutzbarmachung eines Gebäudes, die keinen Identitätsverlust bewirken, lösen keine neue Baugenehmigungspflicht aus.

Haben Sie Fragen oder möchten Sie Ihre alten Hofgebäude umnutzen? Sprechen Sie mich einfach an!

Öffentlich-rechtliche Aspekte der Mietpreiskontrolle

Am 23. November hielt ich auf Einladung der Hochschule für Wirtschaft und Recht (Berlin School of Economics and Law) eine Gastvorlesung zum Thema „öffentlich-rechtliche Aspekte der Mietpreiskontrolle“. Mietrecht ist zwar im Wesentlichen Zivilrecht. Die Mietenbremse knüpft aber an öffentlich-rechtliche Mechanismen an. Außerdem gibt es im BauGB einen bunten Strauß an Instrumenten, um den Mieten durch die Ausweitung des Angebots Einhalt zu gebieten.

Die Unterlagen zu meiner Vorlesung können hier angesehen und heruntergeladen werden.

Zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen baurechtswidrige Nutzung

Baurechtswidrige Nutzung

Gerichte müssen die Öffentlichkeit zuweilen an das Offensichtliche erinnern. Den Bundesgerichten fällt diese Aufgabe freilich seltener zu, da der Rechtsweg dorthin teuer und beschwerlich ist. Heute war es aber wieder so weit (BGH, Urteil vom 27. November 2020 – V ZR 121/19: Zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen baurechtswidrige Nutzung).

Der BGH verurteilte den Inhaber eines Pferdehofs und den Betreiber einer Reitschule dazu, die Nutzung ihrer Betriebe zu unterlassen (§§ 1004, 906 BGB). Zuvor war ihnen die entsprechend beantragte Genehmigung 2013 behördlich verweigert und auch verwaltungsgerichtlich nicht mehr erteilt worden. Die Nutzung war nämlich wegen Verletzung des Rücksichtnahmegebots baurechtlich unzulässig.

Erstaunlich an diesem Urteil ist in erster Linie, dass es überhaupt existiert. Nicht nur wäre man geneigt anzunehmen, dass ein behördlich und verwaltungsgerichtlich für unzulässig erklärtes Vorhaben niemals umgesetzt wird. Auch sollte man meinen, dass der Betrieb dann im Wege des Verwaltungszwangs schneller hätte unterbunden werden können als auf zivilrechtlichem Wege. Denn dieser erfordert ja ein rechtskräftiges Urteil, sprich: jahrelanges Prozessieren.

Maß der baulichen Nutzung kann nachbarschützend sein!

Eine der großen Hürden bei der Anfechtung einer einem anderen (z.B. dem Nachbarn) erteilten Baugenehmigung ist die Frage, ob die fragliche Baugenehmigung gegen drittschützende Normen verstößt. Denn nicht jeder Rechtsverstoß ist angreifbar; einen allgemeinen Rechtsvollziehungsanspruch gibt es nicht.

Bislang wurde allgemein angenommen, dass zwar die in einem Bebauungsplan festgelegte Art der baulichen Nutzung nachbarschützend sein kann (Stichwort: Schicksalsgemeinschaft), weshalb eine Baugenehmigung, die gegen die festgelegte Art verstößt, durch Dritte angegriffen werden kann. Das Maß wurde jedoch nur über §14 BauNZVO als drittschützend angesehen, wenn durch die schiere Größe des Vorhabens eine Gefängnishofatmosphäre bzw. Erdrückungswirkung entstand; sonst war es nicht drittschützend (BVerwG NVwZ 1996, 170).

Nach einer neuen Entscheidung des BVerwG (Urteil vom 09.08.2018 – BVerwG 4 C 7.17) ist nun aber entscheidend, was der Plangeber wollte.