Altholz-Verbrennung im BEHG

Altholz-Verbrennung im BEHG

Seit 2024 unterfällt unter bestimmten Voraussetzungen auch die thermische Verwertung von Abfällen einschließlich Biomasse (insbesondere Altholz) dem nationalen Emissionshandelssystem nach BEHG. Doch wann genau unterliegt die Verbrennung von Altholz dem BEHG? Welcher Emissionswert ist anzusetzen, und bezogen auf welche Brennstoffmenge?

Wann unterliegt die Verbrennung von Altholz dem BEHG?

Das BEHG gilt gemäß § 2 Abs. 1 BEHG „für die Emission von Treibhausgasen aus den in Anlage 1 genannten Brennstoffen, die gemäß den Absätzen 2 und 2a in Verkehr gebracht werden.“ Anlage 1 BEHG listet abschließend die Warenklassen auf, die als „Brennstoffe“ im Sinne des BEHG gelten. In der Liste in Satz 1 der Anlage ist Altholz zwar nicht als Warenklasse aufgeführt. Nach Satz 2 gelten aber als Brennsstoffe „auch andere als die in Satz 1 genannten Waren, sofern sie im Falle des § 2 Absatz 2a in den dort genannten Anlagen eingesetzt werden.“ Nach § 2 Abs. 2 a Nr. 1 BEHG gelten Brennstoffe auch als in Verkehr gebracht, „wenn sie in Anlagen zur Beseitigung oder Verwertung von Abfällen verwendet werden, die nach Nummer 8.1.1 [des Anhangs der 4. BImSchV] einer Genehmigung bedürfen, und diese Anlagen nicht dem EU-Emissionshandel unterliegen.“

Nach dieser Systematik wird ein Stoff also auch dadurch zum Brennstoff im Sinne des BEHG (und als solcher zugleich in Verkehr gebracht), wenn er in einer genehmigungsbedürftigen, nicht dem EU-Emissionshandel (EU-ETS) unterliegenden Anlage zur thermischen Abfallverwertung oder -beseitigung eingesetzt wird.

Die thermische Verwertung von Holz ist genehmigungsbedürftig, wenn sie einen Durchsatz von 3 Tonnen pro Stunde überschreitet, Altholz aus anderen Altholzkategorien als A I und A II nutzt oder die Feuerungswärmeleistung 1 Megawatt oder mehr beträgt. Dem EU-ETS unterliegt ein Biomasseheizwerk gemäß Anhang I der Richtlinie 2003/87/EG dann nicht, wenn die Gesamtfeuerungswärmeleistung unter 20 MW beträgt.

In welcher Höhe sind die CO2-Emissionen abgabepflichtig?

Die Emissionen lassen sich (außer durch kontinuierliche Messung nach § 12 EBeV) auf zwei Wegen rechnerisch ermitteln:

Der einfachere Weg ist die Multiplikation der eingesetzten Brennstoffmengen mit den Standardfaktoren aus Anlage 2 Teil 5 EBeV. Der Input ist dabei in der Regel mit geeichten Messgeräten zu bestimmen, wovon aber Ausnahmen möglich sind (§ 6 Abs. 4 Satz 3 EBeV). Als Standardwerte sind gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EBeV die Werte aus Anlage 2 Teil 5 Nummer 6a EBeV zu nutzen. 

Keine Berücksichtigung fand bei den Regeln zur Mengenermittlung die Frage des Feuchtigkeitsgehalts. Diese wurde nur für die Nutzung nachhaltiger Brennstoffe in konventionellen Anlagen geregelt (§ 8 Abs. 6 EBeV), die hier nicht einschlägig ist. Es ist davon auszugehen, dass die Masse der Brennstoffe unmittelbar vor Verwertung maßgeblich ist, nicht jene bei Liefereingang (vgl. auch der Leitfaden von August 2023, Seite 40 („Auftrocknung“)).

Alternativ zur Nutzung der Standardfaktoren kann der Verantwortliche selbst Emissionsfaktoren für das Holz bestimmen (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EBeV). Das bietet sich vor allem dann an, wenn der Biomasseanteil mehr als die bei den Standardwerten vorgesehenen 95 % beträgt.

Welcher Anteil gilt als Biomasse?

Dem Biomasseanteil des Brennstoffs (bei Nutzung der Standardwerte also 95 % des Inputstoffs) kann bei der Berechnung der CO2-Emissionen ein CO2-Faktor von Null zugeordnet werden. Hierzu ist (a) eine Dokumentation der AVV-Nummern der Inputstoffe nach Masse und (b) eine Berechnung der Treibhausgasminderung nach § 6 der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung (BioSt-NachV) erforderlich. Die BioSt-NachwV fordert, dass die Emissionen aus Aufbereitung und Transport der Biomasse 70 % niedriger sind als die Emissionen, die bei der Nutzung fossiler Brennstoffe entstehen würden. Ob das der Fall ist, braucht nicht eigens ermittelt werden; vielmehr dürfen die Standardwerte in Anhang VI Teil D der Europäischen Richtlinie (EU) 2018/2001 (die sog. RED II) herangezogen werden.

Einigen Abfallbrennstoffen ordnet die DEHSt sogar einen Biomasseanteil von 100% zu. Bei ausschließlicher Nutzung der entsprechenden Anfallkategorien lässt sich also die Zertifikatebeschaffung sparen, die erfahrungsgemäß erhebliche Ressourcen im Unternehmen binden kann.  Voraussetzung ist, dass die Input-Stoffe in der von der DEHSt hier veröffentlichten “Liste mit Festwerten für sonstige naturbelassene Holzabfälle und Frischholz” enthalten sind.

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Rückgabe von BEHG-Zertifikaten

Rückgabe von BEHG-Zertifikaten

Ein Jahr nach Einführung des nationalen Emissionshandelssystems (nEHS) zeigen sich die ersten Probleme in seiner praktischen Anwendung. Eine Fragestellung betriff den Fall, dass der Verantwortliche mehr Zertifikate erworben hat, als er benötigt. Die Rückgabe von BEHG-Zertifikaten ist im Gesetz allerdings nicht geregelt. Der vorliegende Beitrag zeigt die Handlungsoptionen auf.

Wann ist die Rückgabe von BEHG-Zertifikaten überhaupt sinnvoll?

Zertifikate sind gemäß § 9 BEHG während der gesamten Handelsperiode gültig. Diese läuft von 2021 bis 2030, vgl. § 3 BEHG i.V.m. Art. 4 Verordnung (EU) 2018/842). Auch können Zertifikate von Inhaber zu Inhaber übertragen werden, § 9 BEHG. Von Liquiditätslücken und Insolvenzfällen abgesehen: Warum sollte man überzählige Zertifikate überhaupt zurückgeben wollen?

Das Problem liegt in ihrer eingeschränkten Nutzbarkeit während der Einführungsphase 2021 bis 2025. Für diesem Zeitraum schließt § 9 BEHG das sog. „banking“ von Zertifikaten aus, indem die Vorschrift die Gültigkeit der Zertifikate auf das Jahr ihrer Ausstellung und das ihm vorangegangene Jahr beschränkt. Eine Verwendung von 2021 erworbenen Zertifikaten für erst 2022 in Verkehr gebrachte Mengen ist daher ausgeschlossen.

Hat ein Verantwortlicher sich also 2021 in größerem Umfang für in Verkehr gebrachte Brennstoffe mit BEHG-Zertifikaten eingedeckt, als rückblickend nötig gewesen wäre (etwa weil die Brennstoffe in ETS-Anlagen verbrannt werden und daher nicht nEHS-pflichtig waren), kann er nur auf einen Verkauf im Sekundärmarkt oder eben auf eine Rückgabe der BEHG-Zertifikate hoffen.

Zivilrechtliche Rückabwicklung 

Das BEHG äußert sich nicht zur Möglichkeit einer Rückgabe von BEHG-Zertifikaten. § 10 BEHG regelt lediglich den „Verkauf“ der Zertifikate. Dabei bleibt offen, ob die kaufrechtlichen Regelungen des Zivilrechts Anwendung finden sollen. Die Gesetzesbegründung äußert sich nicht dazu. 

Sofern kaufrechtliche Regelungen Anwendung finden, kommt eine Rückabwicklung grundsätzlich nach Rücktritt wegen Pflichtverletzung (§§ 437, 323, 346 BGB) oder Anfechtung (§§ 119, 142 BGB) in Betracht. Ein übermäßiger Erwerb ist allerdings kein Mangel, der den Verantwortlichen zum Rücktritt wegen Pflichtverletzung berechtigen könnte. Auch eine Anfechtung dürfte ausgeschlossen sein, da der Erwerb der Zertifikate nicht aus einem Inhalts- oder Erklärungsirrtum resultierte. Die Kaufentscheidung basierte vielmehr auf dem anfechtungsrechtlich unbeachtlichen sog. Motivirrtum über die Erforderlichkeit der Zertifikate.

Das Kaufrecht würde daher vorliegend nicht zur Rückabwicklung des Erwerbs berechtigen. Ob es auf den Verkauf von Zertifikaten nach § 10 BEHG überhaupt Anwendung findet, kann daher offen bleiben. 

Annullierung analog § 22 BEHV 

§ 22 BEHV ermöglicht die Annullierung bestimmter, irrtümlich veranlasster Transaktionen auf Antrag. Dem Wortlaut nach erfasst die Vorschrift jedoch nur die Löschung und Abgabe von Zertifikaten; der (Erst-) Erwerb wird nicht genannt. Fraglich ist, ob die Vorschrift als abschließend zu betrachten ist oder analog auch auf den Ersterwerb Anwendung finden kann. Dies erfordert vergleichbare Interessenlagen und eine planwidrige Regelungslücke. 

Ob eine Regelungslücke gegeben ist, hängt vor allem davon ab, ob das Kaufrecht auf den Erwerb von Zertifikaten nach § 10 BEHG Anwendung findet oder nicht. Ist dies der Fall, lässt sich der irrtümliche Erwerb nach den §§ 119 ff. BGB beurteilen (mit dem Ergebnis, dass eine Rückabwicklung ausgeschlossen wäre, siehe vor). Eine Regelungslücke läge dann nicht vor. 

Soll Kaufrecht auf § 10 BEHG dagegen keine Anwendung finden, fiele die Rückabwicklung des Erwerbs in eine Regelungslücke. Diese dürfte dann auch als planwidrig anzusehen sein. Aus den Gesetzesmaterialien ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber sich mit dem Fall des irrtümlichen Erwerbs befasst hätte (vgl. den Referentenentwurf zur BEHV). Der Gesetzgeber hatte auch keinen Grund, die irrtümliche Abgabe und Löschung einer Regelung zuzuführen, den irrtümlichen Erwerb dann aber bewusst ungeregelt zu lassen. 

Vergleichbare Interessenlage?

Auch eine vergleichbare Interessenlage dürfte vorliegen. In beiden Fällen geht es um eine irrtümlich veranlasste vermögensrelevante Erklärung. Aus dem Referentenentwurf der BEHV (Seite 50) ergibt sich, dass Übertragungen (nur) deshalb von der Annullierung ausgeschlossen sind, weil „hierbei ansonsten in Rechte des Empfängers eingegriffen würde“. Dieses Argument lässt sich aber nur auf Übertragungen im Sekundärmarkt anwenden, nicht auf den Ersterwerb – die Behörde hat keine schützenswerten Interessen, die vor einem Eingriff durch Annullierung bewahrt werden müssten. Das Fehlen einer synallagmatischen Gegenleistung ist also nur eine zufällige Gemeinsamkeit der beiden der Annullierung zugänglichen Transaktionsarten, und kann der analogen Anwendung der Vorschrift auf den Ersterwerb nicht entgegengehalten werden. 

Auch eine Beschränkung der Vorschrift auf das versehentliche Auslösen einer Transaktion im technischen Sinne (die ihr eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Anfechtungsrecht verleihen würde) ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Denn der Verordnungsbegründung zufolge „verschafft diese Regelung Kontoinhabern die Möglichkeit, … Abgaben mit versehentlicher Nutzung von Zertifikaten, die auch für die Abgabe des Folgejahres gültig wären, zu annullieren.“ Kontoinhaber sollen also auch davor bewahrt werden, sich wegen der zeitlich beschränkten Gültigkeit von Zertifikaten selbst Schaden zuzufügen.

Die überwiegenden Argumente sprechen daher für eine analoge Anwendbarkeit von § 22 BEHV auf den Ersterwerb von Zertifikaten nach § 10 BEHG. 

Ergebnis

Wer sich hierauf berufen will, wird sich aber beeilen müssen. Denn § 22 BEHV sieht für den entsprechenden Antrag eine Ausschlussfrist von 10 Arbeitstagen nach Abschluss der Löschung vor; bei analoger Anwendung wäre als fristauslösendes Ereignis auf den Erwerb abzustellen. Wer erst nach mehr als 10 Tagen nach Erwerb bemerkt, dass er zu viele Zertifikate erworben hat, kann also nur noch auf einen Verkauf im Sekundärmarkt hoffen. 

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R134a als technisches Aerosol

Im Kampf gegen die anthropogene Erderwärmung zwingt die Europäische Union die Industrie nicht nur bei CO2-Emissionen zum Kurswechsel. Sie beschränkt richtigerweise auch das Inverkehrbringen technischer Gase mit hohem Treibhauspotential (Global Warming Potential, GWP). Solche Gase sind in Anhang I der F-Gas-Verordnung (EU) 517/2014 aufgezählt. Hierzu gehört unter anderem R134a (Tetrafluoroethane). Es zeichnet sich durch eine sehr hohe Kompressionsfähigkeit aus, weshalb es sich sehr gut für den Einsatz in Kältemaschinen bzw. Wärmepumpen, Druckmessern oder Sprays eignet. Leider ist es mit einem GWP von 1430 auch extrem klimaschädlich. Die EU verbietet daher einen Einsatz in Produkten, bei denen ein Entweichen in die Atmosphäre wahrscheinlich ist. Die verbotenen Einsatzarten zählt Anhang III der Verordnung abschließend auf. Hierzu gehört insbesondere der Einsatz von R134a als technisches Aerosol (Nr. 17 von Anhang III).

Die Landesdirektionen der Bundesländer haben sich nun um die Jahreswende darauf verständigt, auch reines, in Ventilflaschen geliefertes R134a als technisches Aerosol zu behandeln – selbst wenn es zur Verwendung als Gefäßfüller in Druckmessern von Heizungsanlagen bestimmt ist, die nur durch Fachfirmen gehandhabt werden. Ein Entweichen in die Atmosphäre ist dabei unwahrscheinlich, auch fällt diese Art der Verwendung unter keine andere Kategorie des Anhang III. Die Landesdirektionen folgen damit einer Entscheidung eines bei CLIMA der Europäischen Kommission angesiedelten exekutiven Gremiums.

Die Entscheidung verstößt gegen den Wortlaut, die Regelungssystematik und den Zweck der Verordnung und ist rechtswidrig.

1. Wortlaut

a) R134a kein Aerosol mangels Zerstäuber (Art. 2 Abs. 28 der Verordnung)

Eine Einstufung von in Ventilflaschen transportierten R134a als technisches Aerosol verbietet sich bereits nach dem Wortlaut der Verordnung. Gemäß Art. 2 Abs. 28 der Verordnung ist ein technisches Aerosol

ein Aerosolzerstäuber, der bei der Instandhaltung, Reparatur, Reinigung, Prüfung, Desinsektion und Herstellung von Erzeugnissen und Einrichtungen, der Installation von Einrichtungen und anderen Anwendungen verwendet wird.

Ein Aerosol bedarf demnach eines Zerstäubers. Die zum vorgeschriebenen Einsatz des Gases verwendeten Ventilflaschen verfügen über keinen Zerstäuber, da eine voluminöse oder flächige Anwendung des Gases überhaupt nicht bezweckt ist. Es soll vielmehr verlustfrei, also ohne Freisetzung in die Umwelt, in geschlossene Anlagen geleitet werden, um dort als Arbeitsmedium zu dienen. Das Gas stellt also bereits mangels Zerstäuber kein Aerosol im Sinne von Art. 2 Abs. 28 der Verordnung dar.

Dies spiegelt sich auch in der Kennzeichnungspflicht nach Art. 12 Abs. 1 lit. f und g der Verordnung wider. Diese unterscheidet ausdrücklich zwischen

Aerosolzerstäuber[n], die fluorierte Treibhausgase enthalten

und sonstigen

Behälter[n] für fluorierte Treibhausgase.

Die Vorschrift stellt klar, dass Behälter von F-Gasen mit Zerstäuber und solche ohne Zerstäuber in separate Kategorien fallen, die unabhängig voneinander adressiert werden.

b) R134a kein Aerosol mangels in Gas suspendierter Partikel

Reine Gase fallen auch nicht unter den Aerosol-Begriff der CLP-Verordnung (EG) 1272/2008. Diese findet vorliegend zwar keine direkte Anwendung, lässt sich aber zur Auslegung unterstützend heranziehen. Anhang 1 Ziffer 2.3.1 der CLP-Verordnung definiert Aerosole als 

alle nicht nachfüllbaren Behälter aus Metall, Glas oder Kunststoff, einschließlich des darin enthaltenen verdichteten, verflüssigten oder unter Druck gelösten Gases mit oder ohne Flüssigkeit, Paste oder Pulver, die mit einer Entnahmevorrichtung versehen sind, die es ermöglicht, ihren Inhalt in Form von in Gas suspendierten festen oder flüssigen Partikeln als Schaum, Paste, Pulver oder in flüssigem oder gasförmigem Zustand austreten zu lassen.

Aerosole im Sinne der CLP-Verordnung setzen also im (Treib-) Gas suspendierte Partikel voraus. In der Regel werden diese das eigentliche Produkt darstellen.

Dem korrespondiert die Liste typischer Anwendungen für R134a im Guidance Dokument der Europäischen Kommission über die Einführung vorbefüllter Einrichtungen. 

Europäische Kommission, Informationen für Einführer von Einrichtungen, die fluorierte Treibhausgase enthalten, über die Verpflichtungen gemäß der F-Gas-Verordnung der EU (Leitlinien: Einfuhr von vorbefüllten Einrichtungen, Version 2.6, Februar 2020

Auch danach handelt es sich bei R134a in Aerosolen in der Regel um

Treibgas für medizinische und technische Aerosole

In reinem R134a gibt es jedoch keine darin suspendierten Partikel; das Gas selbst ist das Produkt. Mangels im Gas suspendierter Partikel handelt es sich auch nach der Definition in Anhang 1 Ziffer 2.3.1 der CLP-Verordnung nicht um ein Aerosol. Und mangels eines durch das R134a getriebenen Hauptprodukts handelt es sich auch nicht um ein Aerosol im den von der Europäischen Kommission identifizierten Anwendungsfällen zugrunde liegenden Sinne.

2. Zweck

Auch eine Auslegung der Verordnung im Sinne praktischer Wirksamkeit begründet keine Anwendung von Anhang III Nr. 17 der Verordnung auf das vorliegende Produkt. Zweck der Verordnung ist die Minderung von Emissionen starker Treibhausgase. Diese werden neben Leckage überwiegend durch den „emittierenden Gebrauch von Aerosol-Sprays oder Lösungen“ verursacht:

Emissions occur mainly during emissive uses (of aerosol sprays or solvents for example) or due to leakage during the operation and disposal of products and equipment that contain F-gases.

Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on fluorinated greenhouse gases - COM/2012/0643 final - 2012/0305 (COD)

In der Tat liegt es bei Sprays auf der Hand, dass das zum Transport des eigentlichen Produkts genutzte Treibgas bei der Verwendung auch aus dem Gefäß in die Umgebungsluft und Atmosphäre gelangt.

Bei Gefäßfüllern für Druckmesser handelt es sich jedoch weder um ein Spray noch um eine Lösung. Ein „emissive use“ ist nicht vorgesehen, das Gas soll vielmehr verlustfrei in die Zielanlage gelangen, um dort seinem eigentlichen Zweck dienen zu können.

Auch die von der Kommission befürchtete Leckage während des Betriebs oder der Entsorgung von Anlagen steht bei einer derartigen Verwendung nicht in relevantem Ausmaß zu befürchten. Anders als Kühlschränke und andere Kühlgeräte sind Heizungsanlagen stationär und werden nicht durch Verbraucher bewegt oder gar entsorgt. Ihre Installation, Wartung und Entsorgung erfolgt durch Fachkräfte, von deren Umgang mit den Anlagen ein weitaus geringeres Emissionsrisiko ausgeht als vom Umgang von Verbrauchern mit ihren mobilen Kühlgeräten. 

Da kein „emissive use“ vorgesehen ist und keine relevante Leckage zu befürchten ist, ist eine Auslegung von Anhang III Nr. 17 der Verordnung gegen den Wortlaut also auch durch den Zweck der Verordnung nicht geboten.

3. Systematik

Auch aus systematischen Gesichtspunkten verbietet sich eine Anwendung von Anhang III Nr. 17 der Verordnung auf reines R134a.

Phase-Out von F-Gasen (Grafik: Kopiersperre (talk))

So untersagt Art. 11 der Verordnung das Inverkehrbringen der in Anhang III genannten Erzeugnisse, nicht aber generell das Inverkehrbringen der in Anhang I genannten Gase. Außer in den in Anhang III genannten Formen können die in Anhang I genannten Gase also im Rahmen des Quotensystems weiter in Verkehr gebracht werden. Wenn aber reines R134a bereits ein Aerosol im Sinne von Anhang III Nr. 17 wäre, bliebe kein Raum mehr für verkehrsfähiges R134a. Damit würde der Zweck des Quotensystems nach Art. 15 der Verordnung unterlaufen und sein Anwendungsbereich faktisch eliminiert. Eine Nutzung der von der Verordnung ausdrücklich vorgesehenen Quoten ist ohne den Transport der Gase in Transportgefäßen nicht denkbar.

Dasselbe ergibt sich aus den weiteren in Anhang III genannten Erzeugnissen. Verboten ist u.a. das Inverkehrbringen von Reifen, Schuhen und Haushaltskühlschränken. Nicht verboten sind dagegen Heizungsanlagen, die zur Steuerung ihres Betriebs R134a im Druckmesser einsetzen. Das Verbot von mobilen Verbraucherartikeln, nicht aber von stationären, durch Fachkräfte gehandhabten Heizungsanlagen, ist kein Zufall, sondern Konsequenz des mit dem jeweiligen Erzeugnis verbundenen Emissionsrisikos (siehe bereits oben).

Sind aber mit F-Gasen gesteuerte Heizungsanlagen nicht verboten, muss auch ihre Befüllung und das dafür erforderliche Inverkehrbringen der Gase erlaubt sein. Dasselbe ergibt sich aus dem Umstand, dass sogar in Anhang III Nr. 17 selbst technische Aerosole erlaubt bleiben, wenn sie für medizinische Anwendungen eingesetzt werden. Die Herstellung solcher Aerosole setzt aber denklogisch den Einsatz in der Produktion, mithin das Inverkehrbringen des reinen F-Gases als Bestandteil des Medizinal-Aerosols voraus.  

4. Zusammenfassung

Die Entscheidung, reines, zur Verwendung in nur von Fachfirmen gehandhabten Druckmessern bestimmtes R134a als technisches Aerosol im Sinne von Anhang III Nr. 17 der Verordnung einzustufen, ist rechtswidrig. Gemäß Art. 2 Abs. 28 und Art. 12 Abs. 1 lit. f und g der Verordnung bedürfen Aerosole eines Zerstäubers. Sie erfordern gemäß Anhang 1 Ziffer 2.3.1 der CLP außerdem im Gas suspendierter Partikel. Die Verwendung in Heizungen weist nicht das Emissionspotential von Spraydosen und mobilen Haushaltsgeräten auf. Und die Zulässigkeit von nicht in Anhang III genannten oder der Ausnahme von Nr. 17 unterfallenden Erzeugnissen impliziert denklogisch die Verkehrsfähigkeit reinen R134a für deren Produktion.

Emissionsfaktor von Biogas im ETS

CO2 zu emittieren ist teuer. Der Spotpreis für EUA, also für Europäische Allowances für die Emission von Treibhausgasen, beträgt derzeit rund 80€/t. Mit dem Einsatz von Biogas anstelle von Erdgas lässt sich daher Geld sparen. Denn anders als bei Erdgas mit seinem Emissionsfaktor von 56,1 t/TJ zählt die Verbrennung von chemisch fast identischem Biogas als CO2-neutral – für seinen Einsatz müssen Betreiber daher keine EUAs abzugeben. So lassen sich mit Biogas pro GWh eingesetzter Energie über 16.000 € ETS-Kosten sparen. Dies ist umso interessanter, als der Preis von Biogas sich inzwischen kaum noch von jenem für Erdgas unterscheidet (sie sind beide extrem hoch, das Bio-Zertifikat fällt mir einem Aufschlag von rund 1€ kaum ins Gewicht).

2022: Normales Biogas zählt noch als CO2-neutral

Ab 2022 sollten die zu beachtenden Anforderungen aber eigentlich deutlich strenger werden. Infolge einer Änderung der Monitoring and Reporting Regulation (MRR) sollte künftig nur noch solches Biogas als CO2-neutral gelten, das unter Einhaltung der strengen Nachhaltigkeitskriterien der RED2 produziert wurde – siehe sogleich weiter unten. Allerdings gibt es kaum Anlagen im Markt, die diese Kriterien überhaupt erfüllen. Das dort produzierte Biomethan wäre seinerseits sehr teuer; man könnte zwar ETS-Kosten sparen mit Biogas, müsste bei der Commodity aber wiederum draufzahlen.

Erfreulicherweise hat die EU-Kommission den Mangel an zertifizierten Betrieben erkannt und die MMR geändert: Im Jahr 2022 dürfen die Mitgliedsstaaten von der Anwendung der strengen RED2 Anforderungen noch einmal absehen. In Deutschland macht die DEHSt für feste und gasförmige Biomasse von diesem Recht Gebrauch. Das bedeutet: In diesem Jahr können noch auch mit normalem, d.h. nicht RED2-zertifiziertem Biogas ETS-Kosten gespart werden.

Ab 2023: Biogas muss RED2-konform sein

Ab 2023 gelten die Regeln der MMR, also der Monitoring and Reporting Regulation (EU) 2018/2066 über die Ermittlung der Emissionen von dem Europäischen Emissionshandel (ETS) unterliegenden Anlagen, in neuer Gestalt. Neben dem üblichen Feintuning kümmert sich die Änderung vor allem um den Emissionsfaktor von Biogas und anderer Biomasse. Diesen regelt die MRR künftig deutlich umfangreicher, leider aber keinesfalls klarer.

Der Verweis auf Herkunftsnachweise wird nun zwar nicht mehr auf das System für grüne(n) Strom, Wärme und Kälte eingeschränkt; ein unionsweites System von Herkunftsnachweisen für Biogas wurde aber nicht eingeführt. Stattdessen kamen neue Anforderungen hinzu, die die Anerkennung von Null-Emissionen-Biogas weiter verkomplizieren: Der neue Art. 39 Abs. 4 MRR wird wie folgt lauten:

Der Anlagenbetreiber kann den Biomasseanteil anhand von Rechnungsunterlagen über den Erwerb von Biogas mit gleichem Energiegehalt bestimmen, sofern er der zuständigen Behörde glaubhaft nachweist, dass

a) ein und dieselbe Biogasmenge nicht doppelt gezählt wird, insbesondere, dass niemand anderes angibt, das erworbene Biogas zu verwenden; dieser Nachweis kann durch die Vorlage eines Herkunftsnachweises im Sinne von Artikel 2 Nummer 12 der Richtlinie (EU) 2018/2001 [RED II] erbracht werden [elektronisches Dokument, das ausschließlich als Nachweis gegenüber einem Endkunden dafür dient, dass ein bestimmter Anteil oder eine bestimmte Menge an Energie aus erneuerbaren Quellen produziert
wurde];

b) der Anlagenbetreiber und der Produzent des Biogases an dasselbe Gasnetz angeschlossen sind. [es dürfte sich um kumulative Voraussetzungen handeln, da die Vermeidung einer Doppelzählung systemisch unverzichtbar ist; der Begriff des Gasnetzes ist leider nicht definiert, sodass die grenzübergreifende Anerkennungsfähigkeit sich nur mittelbar aus Art. 38 Abs. 5 UAbs. 4 MRR ergibt]

Zum Nachweis der Einhaltung dieses Absatzes kann der Anlagenbetreiber auf die Daten zurückgreifen, die in einer von einem oder mehreren Mitgliedstaaten eingerichteten Datenbank gespeichert sind, die die Rückverfolgung der Weiterleitung von Biogas ermöglicht.“

Emissionsfaktor geknüpft an Nachhaltigkeitskriterien

Zumindest die Grundidee blieb unverändert: Biogas ist klimaneutral: Art. 38 MRR wird weiterhin in Abs. 2 die Regelung enthalten, dass der Emissionsfaktor von Biomasse Null beträgt – nun aber ergänzt durch einen Verweis auf folgenden Absatz 5:

Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, müssen Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe, die für die Verbrennung verwendet werden, die Nachhaltigkeitskriterien und die Kriterien für Treibhausgaseinsparungen gemäß Artikel 29 Absätze 2 bis 7 und 10 der Richtlinie (EU) 2018/2001 [RED II] erfüllen.

Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe, die aus Abfällen und Reststoffen — mit Ausnahme von Reststoffen aus Landwirtschaft, Aquakultur, Fischerei oder Forstwirtschaft — hergestellt werden, müssen jedoch lediglich die Kriterien gemäß Artikel 29 Absatz 10 der Richtlinie (EU) 2018/2001 erfüllen. Dieser Unterabsatz gilt auch für Abfälle und Reststoffe, die vor ihrer Weiterverarbeitung zu Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen zuerst zu einem anderen Produkt verarbeitet werden.

Strom, Wärme und Kälte, die aus festen Siedlungsabfällen erzeugt werden, unterliegen nicht den in Artikel 29 Absatz 10 der Richtlinie (EU) 2018/2001 festgelegten Kriterien für Treibhausgaseinsparungen.

Die in Artikel 29 Absätze 2 bis 7 und 10 der Richtlinie (EU) 2018/2001 festgelegten Kriterien gelten unabhängig von der geografischen Herkunft der Biomasse.

Artikel 29 Absatz 10 der Richtlinie (EU) 2018/2001 gilt für Anlagen im Sinne von Artikel 3 Buchstabe e der Richtlinie 2003/87/EG [diese kryptische Formulierung dürfte auf die in der ETS-RL weit gezogenen Anlagengrenzen Bezug nehmen, die auch  verbundene Aktivitäten umfassen].

Die Einhaltung der in Artikel 29 Absätze 2 bis 7 und 10 der Richtlinie (EU) 2018/2001 festgelegten Kriterien wird gemäß Artikel 30 und Artikel 31 Absatz 1 dieser Richtlinie bewertet.

Entspricht die für die Verbrennung verwendete Biomasse nicht diesem Absatz, so gilt ihr Kohlenstoffgehalt als fossiler Kohlenstoff.

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LULUCF-Emissionen ab 2021 verboten

Von der Verpflichtungsperiode 2021-2025 an sind Nettoemissionen aus den Sektoren Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF-Emissionen) in der EU verboten. Dies sieht die Verordnung (EU) 2018/841 vom 30. Mai 2018 vor. Global betrachtet geht laut IPCC knapp ein Viertel der anthropogenen Treibhausgas-Emissionen auf den LULUCF-Sektor zurück. In der EU ist dieser Anteil zwar bedeutend geringer. Dennoch müssen diese Emissionen adressiert werden; dies nicht zuletzt, weil der im Europäischen Emissionshandel für Biomasse-Energie angesetzte Emissionsfaktor von 0 nur dann mit den IPCC-Leitlinien vereinbar ist, wenn die mit der Biomasse-Gewinnung verbundenen Emissionen anderweitig berücksichtigt werden (vgl. Erwägungsgrund 15). Allerdings behandelt die Verordnung nur solche Emissionen als verbotene Netto-Emissionen, die über das Niveau einer bestimmten Baseline hinausgehen. Tatsächlich werden die Sektoren also weiterhin Emissionen verursachen. Der vorliegende Beitrag stellt die Verordnung und ihre Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland vor.

Geltungsbereich und Verpflichtung

Die Verordnung findet Anwendung auf die Treibhausgase CO2, CH4 und N2O (vgl. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 iVm Anhang I Abschnitt A). Während der ersten Verpflichtungsperiode 2021-2025 sind nur Emissionen und Abbau aus Aufforstung, Entwaldung, bewirtschaftete Acker- und Waldflächen sowie von bewirtschaftetem Grünland zu berücksichtigen. Bewirtschaftete Feuchtgebiete sind erst in der zweiten Verpflichtungsperiode 2026-2030 verpflichtend einzubeziehen, können aber freiwillig schon früher berücksichtigt werden (Art. 2 Abs. 1 und 2).

Die zentrale Verpflichtungsnorm findet sich in Art. 4. Danach dürfen in den beiden Verpflichtungsperioden jeweils nicht mehr Treibhausgase aus den genannten Kategorien emittiert als abgebaut werden. Eine Verrechnung zwischen verschiedenen LULUCF-Sektoren ist aber möglich. So können Emissionen aus der Landwirtschaft gegen Forst-Senken gerechnet werden. Veränderungen des Kohlenstoffbestands in den Kohlenstoffspeichern sind ebenfalls zu berücksichtigten (Art. 5 Abs. 4). Zu den Kohlenstoffspeichern im Sinne dieser Vorschrift zählen unter anderem unterirdische Biomasse, organischer Kohlenstoff im Boden und Holzprodukte (in den Kategorien aufgeforstete Flächen und bewirtschaftete Waldflächen), vgl. Anhang I Abschnitt B.

Ermittlung der Netto-Emissionen

Ackerflächen und Grünland

Doch wenn LULUCF-Emissionen – wie geplant – ab 2021 verboten sein sollen, muss man sie auch ermitteln können. Die Netto-Emissionen aus bewirtschafteten Ackerflächen und bewirtschaftetem Grünland sind gemäß Art. 7 wie folgt zu bestimmen:

Zunächst ermitteln die Mitgliedsstaaten die Emissionen des jeweiligen Sektors über die gesamte Verpflichtungsperiode hinweg. Hiervon ziehen sie die Emissionen ab, die während der Baseline-Periode 2005 bis 2009 von dem Sektor ausgingen. In der Bundesrepublik gingen während der Baseline-Periode durchschnittlich 13.232,5 kt CO2e pro Jahr auf bewirtschaftetes Ackerland zurück, im Jahr 2017 (letzte verfügbare Daten) dagegen 15.115,3 kt. Würde sich dieser Wert halten, müssten die Bundesrepublik sich jährlich 1.882,8 kt THG-Emissionen aus der Bewirtschaftung von Ackerflächen ins Buch schreiben. Bei bewirtschaftetem Grünland fand mit 22.548 kt im Jahr 2017 dagegen eine Verbesserung gegenüber dem Durchschnitt der Baseline-Periode (24.305 kt) in Höhe von 1.757 kt statt.

Bewirtschaftete Waldflächen

Komplizierter ist die Verbuchung bei bewirtschafteten Waldflächen. Denn der Vergleich mit einer unionsweiten Baseline-Periode würde den natürlichen Umständen, dynamischen altersbedingten Waldstrukturen und der früheren und gegenwärtigen Bewirtschaftungspraktiken nicht gerecht (Erwägungsgrund 16). Die Netto-Emissionen aus der jeweiligen Verpflichtungsperiode werden daher nicht mit jenen aus einer Baseline-Periode verglichen, sondern mit einem hypothetischen Emissionenszenario für die Verpflichtungsperiode (Art. 8 Abs. 1). Dieser „Referenzwert für Wälder“ beruht auf einer Extrapolierung nachhaltiger Waldbewirtschaftungspraxis während der Jahre 2005 bis 2009 im jeweiligen Mitgliedsstaat und bildet so dessen spezifische Waldstruktur ab (Art. 8 Abs. 4).

LULUCF-Emissionen sind ab 2021 verboten. Die Bewirtschaftung von Waldflächen bietet bilanzielles Potential

Der vorläufige Referenzwert für die Bundesrepublik beträgt -10.022,4 kt/a und wird bis Ende Oktober 2020 durch den finalen Wert ersetzt (Art. 8 Abs. 10). Das ist deshalb verwunderlich, weil die Nettoemissionen in den Jahren 2005-2009 mit durchschnittlich -47.592,9 kt deutlich niedriger lagen. Hintergrund könnte insbesondere ein alternder – und somit immer weniger CO2 bindender – Baumbestand sein. Allerdings betrugen die Nettoemissionen im Jahr 2017 sogar -57.590,5 kt – also stattliche 47.568,2 kt unter dem Referenzwert! Auch im nationalen Anrechnungsplan für die Forstwirtschaft von Dezember 2018 wurde noch ein Referenzwert von -39.217 kt vorgeschlagen. Die um Erläuterung gebetene Expertengruppe in der EU-Kommission verwies mich an das Bundesumweltministerium, da der neue Referenzwert gemäß Art. 8 Abs. 7 von dieser vorgeschlagen wurde. Ich habe meine Anfrage daher dort wiederholt. Die Antwort wird voraussichtlich mit der immensen Trockenheit der vergangenen beiden Sommer zu tun haben.

Übersteigt der THG-Abbau durch bewirtschaftete Waldflächen deren THG-Emissionen, kann das Delta gemäß Art. 8 Abs. 2 indes nur in begrenztem Umfang zum Ausgleich anderer LULUCF-Emissionen herangezogen werden. Der Abzug beträgt maximal (jährlich) 3,5% der forstwirtschaftlichen Emissionen aus dem landesspezifischen Basisjahr (für Deutschland gemäß Anhang III: 1990). Da die Emissionen damals -75.256,3 kt betrugen, kann die Bundesrepublik für die gesamte erste Verpflichtungsperiode maximal 5×3.5% von diesem Wert, mithin -13.170 kt als negative Emissionen aus diesem Sektor ausweisen.

Zusammenfassung

Emissionen aus den Sektoren Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF-Emissionen) sind ab 2021 in der EU formal verboten. Als Netto-Emissionen zählen aber nur Emissionen, die über eine bestimmte Baseline hinausgehen. Diese bestimmt sich bei Ackerflächen und Grünland nach den Emissionen in den Jahren 2005-2009, und bei Wäldern nach einem hypothetischen Referenzwert. Gerade in Deutschland übersteigt der Abbau daher bei weitem die Emissionen. Der Effekt wird durch eine nur teilweise Berücksichtigung der vom Wald verursachen negativen Emissionen begrenzt. Dennoch ist die Frage erlaubt, ob hier wirklich Netto-Emissionen vermieden werden, oder ob nicht einfach – wie bei CORSIA für den internationalen Flugverkehr – Emissionen auf hohem Niveau dauerhaft festgeschrieben werden.

Doppelbelastung nach BEHG und EU-ETS

Durch das Nebeneinander von BEHG und EU-ETS droht eine Doppelbelastung von Betreibern von dem EU-ETS unfallenden Anlagen.

Am 20. Dezember 2019 trat das Gesetz über einen nationalen Zertifikatehandel für Brennstoffemissionen (BEHG) in Kraft. Das BEHG wird künftig den Erwerb von Brennstoffen mit einer zusätzlichen nationalen Abgabe im Rahmen eines nationalen Emissionshandelssystems (nEHS) belasten. Ziel ist, auch CO2-Emissionen aus Sektoren einem Cap&Trade-System zu unterwerfen, die nicht dem Anwendungsbereich des Europäischen Emissionshandels (EU-ETS) unterfallen.

Der Gesetzgeber hat sich dabei für einen sog. Upstream-Ansatz entschieden, bei dem – anders als beim EU-ETS – nicht an die CO2-verursachende Tätigkeit selbst (downstream) angeknüpft wird, sondern an die Bereitstellung der hierfür erforderlichen Brennstoffe. Dies ist vergleichbar mit der Bekämpfung von Schusswaffenverletzungen durch Regulierung des Schusswaffenverkaufs und stellt grundsätzlich ein effektives und legitimes Policy-Tool dar.

BEHG und ETS überschneiden sich teilweise. Eine Doppelbelastung sollte aber vermieden werden.

Problematisch ist, dass Betreiber von ETS-Anlagen durch diese Regelungstechnik Gefahr laufen, doppelt belastet zu werden – zunächst durch einen nEHS-Aufschlag beim Erwerb der Brennstoffe, und ein weiteres mal bei deren Einsatz in den ETS-relevanten Prozessen selbst. Laut § 7 Abs. 5 BEHG wird die Bundesregierung bis Ende des Jahres eine Verordnung veröffentlichen, die eine Doppelbelastung von Unternehmen durch nEHS und EU-ETS verhindern soll. Allerdings steht aufgrund des Wortlauts von Gesetz und Gesetzesbegründung zu befürchten, dass viele Fälle der Doppelbelastung nicht als solche erkannt, und daher nicht vermieden, werden.

Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn der wirtschaftliche Träger der nEHS-Kosten nicht mit dem juristisch Verpflichteten nach EU-ETS identisch ist. Das ist beispielsweise bei Konzernen mit Kraftwerksgesellschaften und einer zentralen Beschaffungsgesellschaft der Fall. Die rechtliche ETS-Verpflichtung knüpft an den unmittelbaren Betreiber (die Kraftwerksgesellschaft) an, während die nEHS-Verpflichtung die Einkaufsgesellschaft treffen wird.

Hinweise, dass der Gesetzgeber nur an die rechtliche, nicht aber auch an die „bloß“ wirtschaftliche Doppelbelastung gedacht hat und daher nur rechtlich doppelt betroffene Unternehmen schützen wird, ergeben sich aus verschiedenen Stellen des Gesetzes und der Gesetzesbegründung:

  • „insbesondere im Falle einer Direktlieferung von Brennstoffen an ein Unternehmen und deren Einsatzes in einer dem [ETS] unterliegenden Anlage“ (§ 7 Abs. 5 BEHG)
  • „Befreiung von der Abgabepflicht für Lieferungen an ETS-Anlagen“ (BT-Drs. 19/14746, Seite 20)
  • „Doppelbelastungen von Anlagenbetreibern zu vermeiden“ (Seite 35)
  • „direkte Lieferbeziehung zwischen dem Verantwortlichen und dem Betreiber der ETS-Anlage“ (Seite 36)
  • „erhalten ETS-Anlagenbetreiber nachträglich eine Kompensation“ (Seite 38)

Ein Entwurf der Verordnung liegt bislang nicht vor. Es steht jedoch zu hoffen, dass der Verordnungsgeber (die Bundesregierung) das Problem erkennen und entsprechen berücksichtigen wird.

ETS-Zertifikate und Finanzmarktregulierung (MiFiD II)

Anlagenbetreiber als Finanzmarkthändler? ETS und MiFiD II

Über 11.000 Anlagen in 31 Ländern unterfallen dem Europäischen Emission Trading Scheme (ETS). Für ihre Treibhausgas-Emissionen müssen die Betreiber sogenannte EU-Allowances (EUA, also Zertifikate) erwerben und löschen. Seit 2014 zählen EUAs aber als Finanzinstrumente, ihr Handel unterliegt den Regeln der Finanzmarktrichtlinie 2014/65/EU (MiFiD II). Diese sieht für Finanzmarktakteure etliche Zumutungen vor, um Finanzkrisen wie jene von 2008 weniger wahrscheinlich bzw. besser kontrollierbar zu machen. Auch ETS-Zertifikate wurden der Finanzmarktregulierung unterworfen, nachdem an den entsprechenden Spot-Sekundärmärkten zunehmend betrügerische Prakti­ken zu beobachten waren.

Was bedeutet das für die Anlagenbetreiber? Gerade noch Geschäftsführer eines mittelständischen Industriebetriebs mit Sicherheitshandschuhen im Schrank – und plötzlich Wertpapierhändler à la Gordon Gecko?

Definitionen

Um Licht in die Sache zu bringen, ist zunächst zu klären, ob Anlagenbetreiber in den in Art. 1 Abs. 1 und 2 lit. a genannten Hauptanwendungsfall der MiFiD II fallen – die sog. Wertpapierfirmen.

Eine Wertpapierfirma ist gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 jede juristische Person, die im Rahmen ihrer üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gewerbsmäßig eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen für Dritte erbringt und/oder eine oder mehrere Anlage­tätigkeiten ausübt. Das Wort „gewerbsmäßig“ kommt in der englischen Fassung der Richtlinie übrigens nicht vor und darf neben der „üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit“ als überflüssige Doppelung ignoriert werden.

Als Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit gilt gemäß Anhang I Abschnitt A Ziffer (1) bis (3) unter anderem die Annahme und Übermittlung von Aufträgen, die ein oder mehrere Finanzinstrument(e) zum Gegenstand haben, die Ausführung von Aufträgen im Namen von Kunden sowie der Handel für eigene Rechnung.

Der Begriff der Finanzinstrumente umfasst gemäß Anhang I Abschnitt C Ziffer (11) auch Emissionszertifikate, die aus Anteilen bestehen, deren Übereinstimmung mit den Anforderungen der Richtlinie 2003/87/EG (Emissionshandelssystem) anerkannt ist – also EUAs und CERs.

Und als Handel für eigene Rechnung gilt gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 6 der Handel unter Einsatz des eigenen Kapitals, der zum Abschluss von Geschäften mit einem oder mehreren Finanzinstrumenten führt.

Zwischenergebnis: Eine Kapitalgesellschaft, die im Rahmen ihrer üblichen gewerblichen Tätigkeit aus eigenem Kapital EUAs oder CERs erwirbt, gilt also als Wertpapierfirma. Das dürfte auf die meisten ETS-pflichtigen Anlagenbetreiber zutreffen.

Ausnahmen

Glücklicherweise gibt es für ETS-Anlagen eine Ausnahme. Wer EUAs und CERs nicht als Finanzprodukte nutzt, sondern lediglich für die eigene Compliance-Pflicht erwerben will, ist gemäß Art. 2 Abs. 1 lit e vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen.

Danach gilt sie nicht für Anlagenbetreiber mit Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen der Richtlinie 2003/87/EG [d.h. der ETS-RL], die beim Handel mit Emissionszertifikaten keine Kundenaufträge ausführen und die keine anderen Wertpapierdienstleistungen erbringen oder Anlagetätigkeiten ausüben als den Handel für eigene Rechnung unter der Voraussetzung, dass diese Personen keine hochfrequente algorithmische Handelstechnik anwenden.

Auch das dürfte auf die meisten ETS-pflichtigen Anlagenbetreiber zutreffen. Der gewöhnliche Erwerb von Treibhausgaszertifikaten zur Erfüllung der ETS-Pflichten macht aus einem Industriebetrieb also noch keine der Richtlinie unterworfene Wertpapierfirma.

Erfreulich ist, dass der zentrale Einkauf von Zertifikaten durch Holding-Gesellschaften für die Anlagengesellschaften im Konzern ebenfalls ausgenommen ist. Gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. b gilt die Richtlinie nicht für Personen, die Wertpapierdienstleistungen ausschließlich für ihr Mutterunternehmen, ihre Tochterunternehmen oder andere Tochterunternehmen ihres Mutterunternehmens erbringen.

ETS-Pflicht wegen Co-Generation von Strom

Europäischer Gerichtshof: Wenn in einer eigentlich nicht dem Europäischen Emissionshandel (ETS) unterfallenden Anlage nebenher Strom erzeugt und dieser zumindest teilweise ins Netz eingespeist wird, unterfällt die Anlage dem ETS – und zwar als Stromerzeuger, d.h. sie erhält keine kostenlose Zuteilung.

Damit wollte das Gericht vermutlich Umgehungen vorbeugen, denen sich sonst Tür und Tor geöffnet hätte. Allerdings wäre es sicher möglich gewesen, die ETS-Pflicht an den Umfang der Stromerzeugung zu knüpfen. Das aber ist den Leitsätzen nicht zu entnehmen. Diese sagen „wenn“, nicht „soweit“.

Das wird man wohl so lesen müssen, dass wegen der Erzeugung und Vermarktung einiger kWh Strom plötzlich für die gesamte Aktivität der Anlage Zertifikate erworben müssen.

Die Entscheidung könnte in vielen Fällen den Business Case für die effiziente Cogeneration von Strom vernichten – und die Betreiber davon abhalten, so auf effiziente Weise Elektrizität zu erzeugen, ohne zusätzliche Emissionen zu verursachen.

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/en/TXT/PDF/?uri=CELEX:62017CA0682&from=EN