Kostenübernahme bei Entsorgung fremden Abfalls

Wer von der Behörde die schadlose Entsorgung von Abfall Dritter aufgetragen bekommt, sollte erst seine Optionen prüfen und dann erst handeln. Denn ein Regress bzw. eine Kostenübernahme bei Entsorgung fremden Abfalls ist vom Gesetz kaum vorgesehen.

Viele Grundstückseigentümer entsorgen auf behördliche Anordnung hin den Abfall ihrer Mieter oder Pächter. Hierzu sind sie als Abfallbesitzer ebenso verpflichtet wie die Mieter oder Pächter als Abfallerzeuger. Tatsächlich wäre es unter Umständen ermessensfehlerhaft, wenn die Behörde einem ehemaligen Mieter die Entsorgung seiner auf seiner alten Mietsache verbliebenen Abfälle aufgeben würde. Denn mangels zivilrechtlichem Zugriffsrecht könnte er eine weniger effektive Beendigung des rechtswidrigen Zustands gewährleisten als der Eigentümer.

Verständlicherweise möchten die Vermieter dann nicht auf ihren Kosten sitzen bleiben. Es ist aber ständige Rechtsprechung, dass weder KrWG noch BGB einen Innenregress zwischen abfallrechtlichen Störern kennen, vgl. BGH, Urt. v. 18.2.2010 – III ZR 295/09). Dies übrigens anders als z.B. im Bodenschutzrecht, wo mehrere Sanierungspflichtige einander ausdrücklich Ausgleich für Sanierungsaufwendungen schulden, § 24 BBodSchG. Eine Kostenübernahme bei Entsorgung fremden Abfalls ist also keineswegs gesichert.

Zur Entsorgung fremden Abfalls aufgefordert: Was ist zu tun?

Adressaten einer Entsorgungsverfügung sollten sich daher gegen die Verfügung wehren, solange sie können, also innerhalb der einmonatigen Rechtsbehelfsfrist. Da die Verfügung oft für sofort vollziehbar erklärt sein wird, mag außerdem ein (kostengünstiger und schneller) Eilantrag bei Gericht gemäß § 80 VwGO erforderlich sein.

Ist die Frist verstrichen und die Entsorgungsverfügung bestandskräftig, lässt sich ein Regress nur noch eingeschränkt verwirklichen. In Betracht kommen das Konstrukt der „Geschäftsführung ohne Auftrag“ sowie Schadensersatz wegen Verletzung miet- oder pachtrechtlicher Pflichten. Hierbei gelten jedoch knappe Fristen – drei Monate nach Auszug können Ansprüche bereits verjährt sein. Es gilt daher schnell zu handeln! Gerne stehe ich Ihnen zur Verfügung.

Erhöhung des Tonnagebands nach REACH

Welche Konsequenzen drohen, wenn eine Erhöhung des Tonnagebands nach REACH nicht rechtzeitig gemeldet wird?

Gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) 1907/2006 (REACH) dürfen Stoffe nur dann hergestellt oder in Verkehr gebracht werden, wenn sie zuvor bei der ECHA registriert wurden. Bei der Registrierung ist unter anderem auch die Produktionsmenge anzugeben (Art. 7 REACH). Änderungen an der Produktion sind gemäß Art. 22 REACH unverzüglich mitzuteilen. Hierzu gehört auch die Erhöhung des Tonnagebands. Eine Produktion ohne Registrierung entgegen Art. 5 REACH, oder die Übermittlung eines unrichtigen oder unvollständigen Dossiers nach Art. 7 REACH, ist gemäß § 27b ChemG strafbar.

Fraglich ist, ob eine „nicht unverzügliche“ Meldung der Erhöhung des Tonnagebands nach REACH einer Produktion ohne oder aufgrund unrichtiger Registrierung gleichzustellen und somit strafbar ist – und welche Fristen zu beachten sind.

Verspätete Meldung in Deutschland nur eine Ordnungswidrigkeit

Eine Straftat dürfte mit der verspäteten Meldung einer Erhöhung des Tonnagebands nach REACH jedoch nicht vorliegen – zumindest nicht in Deutschland. Denn die Festlegung von „wirksamen, angemessenen und abschreckenden Sanktionen“ für Verstöße gegen REACH obliegt gemäß Art. 126 REACH den EU-Mitgliedsstaaten. Die Bundesrepublik Deutschland hat sich in §§ 26 ff. ChemG und § 6 ChemSanktionsV für ein abgestuftes System entschieden. Danach ist die die Produktion ohne Registrierung zwar in der Tat strafbar, vgl. § 27b ChemG. Für Verstöße gegen die Mitteilungspflicht nach Art. 22 REACH gilt aber der speziellere § 26 ChemG i.V.m. § 6 ChemSanktionsV. Danach stellt eine verspätete Meldung lediglich eine Ordnungswidrigkeit dar. Die speziellere Sanktion verdrängt dabei die allgemeinere; zudem gilt das strafrechtliche Analogieverbot, wonach ein Straftatbestand nicht durch analoge Anwendung über seinen Wortlaut hinaus angewendet werden darf.

Wann ist eine Erhöhung des Tonnagebands nach REACH zu melden?

Wer sichergehen will, auch keine Ordnungswidrigkeit zu begehen, muss die Erhöhung des Tonnagebands gemäß Art. 22 REACH „unverzüglich“ melden. Da die Unbestimmtheit des Begriffs zu Vollzugsdefiziten führte, hat die Kommission ihn in der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1435 legaldefiniert. Laut Art. 3 dieser Verordnung beträgt die Frist nunmehr 3 Monate ab dem Tag der Überschreitung des bisher gemeldeten Mengenbands.

Frist versäumt – was nun?

Die Konsequenzen eines Fristversäumnis bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls, sind aber nicht in Stein gemeißelt. Regelmäßig lassen sich durch aktive Gestaltung des Sachverhalts rechtsverbindliche Gründe für ein abgesenktes Bußgeld schaffen. Sprechen Sie mich einfach an – ich stehe Ihnen zur Seite.

IPCEI-Förderung und Regulierung für H2-Netze

Ich wurde unlängst mit der Frage konfrontiert, ob eine Wasserstoff-Infrastruktur (z.B. H2-Netze) zwingend der neuen, freiwilligen Regulierung zu unterwerfen ist, wenn es eine finanzielle Förderung als Important Project of Common European Interest (IPCEI) erhält.

Begriffe und Hintergründe

Bei IPCEI handelt es sich um Projekte, die von der Europäischen Kommission als so förderungswürdig angesehen werden, dass eine Subventionierung nicht gegen das innerhalb der EU grundsätzlich geltende Verbot staatlicher Hilfen verstößt. Das Verbot soll ein level playing field unter den Mitgliedsstaaten gewährleisten, sodass die Länder nicht mit Staatshilfen um die Ansiedelung von Unternehmen wetteifern – was letztlich zum Nachteil aller ginge. Hat ein Projekt aber IPCEI-Status von der Kommission erhalten, gilt eine Förderung durch den jeweiligen Staat als unionsrechtlich unbedenklich.

Die freiwillige Regulierung von H2-Netzen wurde in Deutschland im Sommer 2021 in den §§ 28j ff. EnWG eingeführt. Betreiber von Wasserstoffnetzen können sich einer Zugangs- und Entgeltregulierung ähnlich jener für Strom- und Erdgasnetze unterwerfen und somit geringere, aber planbarere Profite erwirtschaften. Über die Regulierung hatte ich bereits während des Gesetzgebungsverfahrens berichtet; von der damaligen Fassung unterscheidet sich die endgültige Fassung des Gesetze nur marginal.

Regulierung als Voraussetzung für IPCEI?

In den Kriterien der Europäischen Kommission zur Vergabe des IPCEI-Labels findet sich in Ziffer 4.2 Nr. 43 nun folgender Satz (2):

„Vorhaben, die den Bau einer Infrastruktur(1) umfassen, müssen einen offenen und diskriminierungsfreien Zugang zur Infrastruktur und eine diskriminierungsfreie Preisgestaltung gewährleisten(2).“

Die entsprechende Fußnote 2 ließt sich wie folgt:

„Umfasst das Vorhaben eine Energieinfrastruktur, unterliegen die Vorhaben der Tarif- und Zugangsregulierung sowie den Entflechtungs­anforderungen gemäß den Rechtsvorschriften für den Binnenmarkt.

Hieraus lässt sich ableiten, dass Infrastrukturvorhaben nur dann als IPCEI gefördert werden können, wenn sie der europäischen Tarif- und Zugangsregulierung unterworfen sind. Dies kann zu der Annahme führen, dass deutsche H2-Netze der Regulierung gemäß §§ 28j ff. EnWG bedürfen, um den IPCEI-Kriterien zu genügen.

Argumente sprechen gegen Verknüpfung von Regulierung und IPCEI

Mehrere gewichtige Gründe sprechen jedoch dagegen. Die Kriterien der EU-Kommission sprechen ausdrücklich von „Rechtsvorschriften für den Binnenmarkt“, beziehen sich also auf europäische Regulierung. Die §§ 28j ff. EnWG gelten jedoch nur innerhalb Deutschlands, lassen sich also bereits nicht unter den Begriff der Rechtsvorschrift für den Binnenmarkt subsumieren. Auch würde die Anwendung der deutschen H2-Regulierung für Projekte in Deutschland eine Ungleichbehandlung mit Projekten in Mitgliedsstaaten ohne H2-Regulierung bedeuten. Außerdem stammen die Kriterien von 2014, als das EnWG noch keine Regulierung für Wasserstoffnetze vorsah.

Ein letztes Argument ergibt sich aus dem Wortlaut von § 28p Abs. 3 Satz 1 EnWG:

„Bei Wasserstoffnetzinfrastruktur, für die ein positiver Förderbescheid nach den Förderkriterien der nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung ergangen ist, liegt in der Regel eine Bedarfsgerechtigkeit vor.“

Die Vorschrift besagt, dass Projekte in der Regel die für die Regulierung erforderliche Bedarfsprüfung bestehen werden, wenn sie unter der nationalen Wasserstoffstrategie für IPCEI nominiert wurden. Die Formulierung impliziert jedoch Raum für Ausnahmen – ein IPCEI-Projekt kann also in der Bedarfsprüfung scheitern, und somit nicht der Regulierung unterfallen. Daraus folgt zwangsläufig, dass die Regulierung nicht Bedingung der IPCEI sein kann.

Im Ergebnis ist eine Wasserstoff-Infrastruktur nicht zwingend der freiwilligen Regulierung gemäß §§ 28j ff. EnWG zu unterwerfen, wenn es eine finanzielle Förderung als IPCEI-Projekt erhält.

It’s law or never

Ein Gastbeitrag meiner französischen Praktikanten Elsa Wolff.

Bonjour, 

je m’appelle Elsa Wolff et suis actuellement étudiante en deuxième année de licence bilingue en droit français et droit allemand à l’Université de Paris Nanterre ainsi qu’à l’Université de Potsdam.  Je m’intéresse tout particulièrement à la cause environnementale et plus précisément aux thématiques qui l’entourent. Mon objectif étant de défendre les droits de l’environnement pour améliorer notre futur, je suis heureuse d’être à ce jour stagiaire dans le cabinet de M. Docteur Böhler, avocat dévoué à la cause environnementale.

Depuis maintenant quelques années chacun dans son quotidien se trouve confronté à l’urgence climatique. Alors que certains aspirent à faire bouger les gouvernements à travers des manifestations mettant en avant des pancartes sur lesquelles on peut lire « Save our planet », « There is no planet B », d’autres ne se sentent toujours pas concernés par le respect de l’environnement. Pour encore trop de monde, la considération de ce dernier n’est qu’une préoccupation négligeable.

En effet, il ressort du devoir des dirigeants mais aussi de chacun, de prendre conscience du monde dans lequel nous évoluons et de ce fait, mettre en place les mesures nécessaires pour voir les choses changer et avant tout s’améliorer. La surconsommation ayant imprégnée bien des mentalités se trouve être à la source de nombreux problèmes. Aujourd’hui tout n’est que démesure; surconsommation de viande, d’eau, d’électricité, de plastique et tant d’autre alors que les ressources naturelles ne cessent de s’épuiser, le plus important étant de pousser l’économie à son paroxysme : « Toujours plus ». Peu importe les conséquences que cela pourra engendrer, l’économie est ce qui prime envers et contre tous. 

Toutefois, lorsqu’on est face à une telle urgence environnementale, il faut être capable de requérir les moyens nécessaires; « It’s law or never ! ». En effet, beaucoup de décisions et de changements passent par les lois.  L’appel quant à l’obligation d’un revirement de conscience par rapport à l’environnement et donc avant tout adressé au domaine juridique: il faut développer le droit de l’environnement et veiller à sa bonne application. 

Au cours des dernières années, j’ai eu l’occasion de découvrir de nombreux pays et ainsi d’être confrontée à des approches environnementales très distinctes me permettant aujourd’hui d’affirmer que le monde n’est pas uniforme lorsqu’il s’agit d’urgence climatique.  

Le 15 novembre 1994, l’Allemagne inscrit la protection de l’environnement comme but à atteindre par l’État dans sa constitution par l’article 20a GG. D’après cette loi, tous les organes étatiques sont tenus de protéger les fondements naturels et se rendent donc responsables pour les générations futures. La France fait de même le 28 février 2005 en adoptant la Charte de l’environnement reconnaissant pour la première fois en droit français un droit à chacun de pouvoir bénéficier d’un environnement sain et respectueux de la santé. Les droits de l’environnement trop longtemps ignorés sont enfin reconnus. Pour autant, ce véritable progrès juridique ne doit pas s’arrêter là. 

Comme en témoigne la condamnation de l’État français le 3 février 2021 pour inaction climatique, les choses ne bougent pas ou alors trop lentement alors que l’urgence climatique ne cesse de se faire ressentir. Cette action est menée par quatre organisations (Notre Affaire à Tous, la Fondation Nicolas Hulot pour la Nature et l’Homme (FNH), Greenpeace France et Oxfam France) qui souhaitent faire reconnaitre par le juge du Tribunal administratif, l’obligation de l’État d’agir pour limiter le réchauffement planétaire à 1,5 °C. En effet ce réchauffement emporterait avec lui de grandes conséquences pour les français. L’État se doit donc de protéger ces derniers face aux risque induits par les changements climatiques. 

Alors que les causes du dérèglement climatique sont connues depuis les années 1960 et que de nombreux textes en matière environnementale ont été signés par l’État, les gouvernements français se succèdent et ne prennent aucunes décisions permettant d’éviter cette catastrophe. Il est donc question de faire reconnaitre à l’État ses responsabilités.

En 2021, j’attends donc du droit de l’environnement d’étendre ses fonctions de sorte à acquérir une approche transfrontalière valorisant les énergies renouvelables tout en luttant contre la surconsommation sous toutes ses formes. J’attends donc tout particulièrement que le droit de l’environnement permette une réelle prise de conscience de la part des dirigeants mais aussi de la population. De plus, la progression du droit environnemental permettrait aux entreprises, d’avoir des relations apaisées et respectueuses de ce dernier. À travers la compétence juridique, mon objectif serait de voir naitre de nombreux projets internationaux garantissant l’équilibre environnemental à travers le monde.

Notre planète est unique et il faut la préserver. Et lorsqu’il s’agit de préservation d’un droit, qui de mieux placé que le droit pour cela ? 

R134a als technisches Aerosol

Im Kampf gegen die anthropogene Erderwärmung zwingt die Europäische Union die Industrie nicht nur bei CO2-Emissionen zum Kurswechsel. Sie beschränkt richtigerweise auch das Inverkehrbringen technischer Gase mit hohem Treibhauspotential (Global Warming Potential, GWP). Solche Gase sind in Anhang I der F-Gas-Verordnung (EU) 517/2014 aufgezählt. Hierzu gehört unter anderem R134a (Tetrafluoroethane). Es zeichnet sich durch eine sehr hohe Kompressionsfähigkeit aus, weshalb es sich sehr gut für den Einsatz in Kältemaschinen bzw. Wärmepumpen, Druckmessern oder Sprays eignet. Leider ist es mit einem GWP von 1430 auch extrem klimaschädlich. Die EU verbietet daher einen Einsatz in Produkten, bei denen ein Entweichen in die Atmosphäre wahrscheinlich ist. Die verbotenen Einsatzarten zählt Anhang III der Verordnung abschließend auf. Hierzu gehört insbesondere der Einsatz von R134a als technisches Aerosol (Nr. 17 von Anhang III).

Die Landesdirektionen der Bundesländer haben sich nun um die Jahreswende darauf verständigt, auch reines, in Ventilflaschen geliefertes R134a als technisches Aerosol zu behandeln – selbst wenn es zur Verwendung als Gefäßfüller in Druckmessern von Heizungsanlagen bestimmt ist, die nur durch Fachfirmen gehandhabt werden. Ein Entweichen in die Atmosphäre ist dabei unwahrscheinlich, auch fällt diese Art der Verwendung unter keine andere Kategorie des Anhang III. Die Landesdirektionen folgen damit einer Entscheidung eines bei CLIMA der Europäischen Kommission angesiedelten exekutiven Gremiums.

Die Entscheidung verstößt gegen den Wortlaut, die Regelungssystematik und den Zweck der Verordnung und ist rechtswidrig.

1. Wortlaut

a) R134a kein Aerosol mangels Zerstäuber (Art. 2 Abs. 28 der Verordnung)

Eine Einstufung von in Ventilflaschen transportierten R134a als technisches Aerosol verbietet sich bereits nach dem Wortlaut der Verordnung. Gemäß Art. 2 Abs. 28 der Verordnung ist ein technisches Aerosol

ein Aerosolzerstäuber, der bei der Instandhaltung, Reparatur, Reinigung, Prüfung, Desinsektion und Herstellung von Erzeugnissen und Einrichtungen, der Installation von Einrichtungen und anderen Anwendungen verwendet wird.

Ein Aerosol bedarf demnach eines Zerstäubers. Die zum vorgeschriebenen Einsatz des Gases verwendeten Ventilflaschen verfügen über keinen Zerstäuber, da eine voluminöse oder flächige Anwendung des Gases überhaupt nicht bezweckt ist. Es soll vielmehr verlustfrei, also ohne Freisetzung in die Umwelt, in geschlossene Anlagen geleitet werden, um dort als Arbeitsmedium zu dienen. Das Gas stellt also bereits mangels Zerstäuber kein Aerosol im Sinne von Art. 2 Abs. 28 der Verordnung dar.

Dies spiegelt sich auch in der Kennzeichnungspflicht nach Art. 12 Abs. 1 lit. f und g der Verordnung wider. Diese unterscheidet ausdrücklich zwischen

Aerosolzerstäuber[n], die fluorierte Treibhausgase enthalten

und sonstigen

Behälter[n] für fluorierte Treibhausgase.

Die Vorschrift stellt klar, dass Behälter von F-Gasen mit Zerstäuber und solche ohne Zerstäuber in separate Kategorien fallen, die unabhängig voneinander adressiert werden.

b) R134a kein Aerosol mangels in Gas suspendierter Partikel

Reine Gase fallen auch nicht unter den Aerosol-Begriff der CLP-Verordnung (EG) 1272/2008. Diese findet vorliegend zwar keine direkte Anwendung, lässt sich aber zur Auslegung unterstützend heranziehen. Anhang 1 Ziffer 2.3.1 der CLP-Verordnung definiert Aerosole als 

alle nicht nachfüllbaren Behälter aus Metall, Glas oder Kunststoff, einschließlich des darin enthaltenen verdichteten, verflüssigten oder unter Druck gelösten Gases mit oder ohne Flüssigkeit, Paste oder Pulver, die mit einer Entnahmevorrichtung versehen sind, die es ermöglicht, ihren Inhalt in Form von in Gas suspendierten festen oder flüssigen Partikeln als Schaum, Paste, Pulver oder in flüssigem oder gasförmigem Zustand austreten zu lassen.

Aerosole im Sinne der CLP-Verordnung setzen also im (Treib-) Gas suspendierte Partikel voraus. In der Regel werden diese das eigentliche Produkt darstellen.

Dem korrespondiert die Liste typischer Anwendungen für R134a im Guidance Dokument der Europäischen Kommission über die Einführung vorbefüllter Einrichtungen. 

Europäische Kommission, Informationen für Einführer von Einrichtungen, die fluorierte Treibhausgase enthalten, über die Verpflichtungen gemäß der F-Gas-Verordnung der EU (Leitlinien: Einfuhr von vorbefüllten Einrichtungen, Version 2.6, Februar 2020

Auch danach handelt es sich bei R134a in Aerosolen in der Regel um

Treibgas für medizinische und technische Aerosole

In reinem R134a gibt es jedoch keine darin suspendierten Partikel; das Gas selbst ist das Produkt. Mangels im Gas suspendierter Partikel handelt es sich auch nach der Definition in Anhang 1 Ziffer 2.3.1 der CLP-Verordnung nicht um ein Aerosol. Und mangels eines durch das R134a getriebenen Hauptprodukts handelt es sich auch nicht um ein Aerosol im den von der Europäischen Kommission identifizierten Anwendungsfällen zugrunde liegenden Sinne.

2. Zweck

Auch eine Auslegung der Verordnung im Sinne praktischer Wirksamkeit begründet keine Anwendung von Anhang III Nr. 17 der Verordnung auf das vorliegende Produkt. Zweck der Verordnung ist die Minderung von Emissionen starker Treibhausgase. Diese werden neben Leckage überwiegend durch den „emittierenden Gebrauch von Aerosol-Sprays oder Lösungen“ verursacht:

Emissions occur mainly during emissive uses (of aerosol sprays or solvents for example) or due to leakage during the operation and disposal of products and equipment that contain F-gases.

Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on fluorinated greenhouse gases - COM/2012/0643 final - 2012/0305 (COD)

In der Tat liegt es bei Sprays auf der Hand, dass das zum Transport des eigentlichen Produkts genutzte Treibgas bei der Verwendung auch aus dem Gefäß in die Umgebungsluft und Atmosphäre gelangt.

Bei Gefäßfüllern für Druckmesser handelt es sich jedoch weder um ein Spray noch um eine Lösung. Ein „emissive use“ ist nicht vorgesehen, das Gas soll vielmehr verlustfrei in die Zielanlage gelangen, um dort seinem eigentlichen Zweck dienen zu können.

Auch die von der Kommission befürchtete Leckage während des Betriebs oder der Entsorgung von Anlagen steht bei einer derartigen Verwendung nicht in relevantem Ausmaß zu befürchten. Anders als Kühlschränke und andere Kühlgeräte sind Heizungsanlagen stationär und werden nicht durch Verbraucher bewegt oder gar entsorgt. Ihre Installation, Wartung und Entsorgung erfolgt durch Fachkräfte, von deren Umgang mit den Anlagen ein weitaus geringeres Emissionsrisiko ausgeht als vom Umgang von Verbrauchern mit ihren mobilen Kühlgeräten. 

Da kein „emissive use“ vorgesehen ist und keine relevante Leckage zu befürchten ist, ist eine Auslegung von Anhang III Nr. 17 der Verordnung gegen den Wortlaut also auch durch den Zweck der Verordnung nicht geboten.

3. Systematik

Auch aus systematischen Gesichtspunkten verbietet sich eine Anwendung von Anhang III Nr. 17 der Verordnung auf reines R134a.

Phase-Out von F-Gasen (Grafik: Kopiersperre (talk))

So untersagt Art. 11 der Verordnung das Inverkehrbringen der in Anhang III genannten Erzeugnisse, nicht aber generell das Inverkehrbringen der in Anhang I genannten Gase. Außer in den in Anhang III genannten Formen können die in Anhang I genannten Gase also im Rahmen des Quotensystems weiter in Verkehr gebracht werden. Wenn aber reines R134a bereits ein Aerosol im Sinne von Anhang III Nr. 17 wäre, bliebe kein Raum mehr für verkehrsfähiges R134a. Damit würde der Zweck des Quotensystems nach Art. 15 der Verordnung unterlaufen und sein Anwendungsbereich faktisch eliminiert. Eine Nutzung der von der Verordnung ausdrücklich vorgesehenen Quoten ist ohne den Transport der Gase in Transportgefäßen nicht denkbar.

Dasselbe ergibt sich aus den weiteren in Anhang III genannten Erzeugnissen. Verboten ist u.a. das Inverkehrbringen von Reifen, Schuhen und Haushaltskühlschränken. Nicht verboten sind dagegen Heizungsanlagen, die zur Steuerung ihres Betriebs R134a im Druckmesser einsetzen. Das Verbot von mobilen Verbraucherartikeln, nicht aber von stationären, durch Fachkräfte gehandhabten Heizungsanlagen, ist kein Zufall, sondern Konsequenz des mit dem jeweiligen Erzeugnis verbundenen Emissionsrisikos (siehe bereits oben).

Sind aber mit F-Gasen gesteuerte Heizungsanlagen nicht verboten, muss auch ihre Befüllung und das dafür erforderliche Inverkehrbringen der Gase erlaubt sein. Dasselbe ergibt sich aus dem Umstand, dass sogar in Anhang III Nr. 17 selbst technische Aerosole erlaubt bleiben, wenn sie für medizinische Anwendungen eingesetzt werden. Die Herstellung solcher Aerosole setzt aber denklogisch den Einsatz in der Produktion, mithin das Inverkehrbringen des reinen F-Gases als Bestandteil des Medizinal-Aerosols voraus.  

4. Zusammenfassung

Die Entscheidung, reines, zur Verwendung in nur von Fachfirmen gehandhabten Druckmessern bestimmtes R134a als technisches Aerosol im Sinne von Anhang III Nr. 17 der Verordnung einzustufen, ist rechtswidrig. Gemäß Art. 2 Abs. 28 und Art. 12 Abs. 1 lit. f und g der Verordnung bedürfen Aerosole eines Zerstäubers. Sie erfordern gemäß Anhang 1 Ziffer 2.3.1 der CLP außerdem im Gas suspendierter Partikel. Die Verwendung in Heizungen weist nicht das Emissionspotential von Spraydosen und mobilen Haushaltsgeräten auf. Und die Zulässigkeit von nicht in Anhang III genannten oder der Ausnahme von Nr. 17 unterfallenden Erzeugnissen impliziert denklogisch die Verkehrsfähigkeit reinen R134a für deren Produktion.

Gesetzesentwurf Wasserstoffregulierung

Vor drei Wochen berichtete ich an dieser Stelle über den Referentenentwurf des Wirtschaftsministeriums zur Wasserstoffregulierung. In leicht veränderter Fassung hat das Kabinett den Entwurf nun als Gesetzesentwurf beschlossen. Dieser wird nun dem Bundesrat und Bundestag zugehen, bevor er Gesetz werden kann. Die Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf betreffen vor allem die gesellschaftsrechtliche Entflechtung. Hiergegen waren die Energieverbände in der Anhörung Sturm gelaufen.

Der Gesetzesentwurf steht auf der Seite des Ministeriums (hier!) zum Download bereit.

EnWG auch nach Ansicht des EuGH-Generalanwalts unionsrechtswidrig

Schon im Oktober 2019 hatte ich berichtet, dass die EU-Kommission gegen die Bundesrepublik vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gezogen ist (C-718/18). Grund: Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist ihrer Ansicht nach unionsrechtswidrig, da es die Gasrichtlinie 2009/73/EG (GasRL) nicht korrekt in nationales Recht umsetzt. Nun sprang ihr in seiner schriftlichen Stellungnahme auch der Generalanwalt bei. In seinem Schlussantrag fordert er den EuGH auf, der Klage der Kommission in allen vier Punkten stattzugeben. Auch seiner Auffassung nach ist das EnWG unionsrechtswidrig.

In meinem letzten Beitrag hatte ich mich auf die Rüge konzentriert, dass die Definition des Fernleitungsnetzbetreibers (FNB) in § 3 Nr. 5 EnWG von jener in Art. 2 Nr. 4 GasRL abweicht. Viel heißer von der Öffentlichkeit diskutiert wird jedoch die Rüge, dass die Bundesnetzagentur (BNetzA) nicht so unabhängig sei, wie von Art. 41 GasRL gefordert. Stattdessen räume § 24 EnWG der Bundesregierung Regelungskompetenzen ein, die sie mit der NZV, NEV und ARegV auch genutzt habe.

Eine weitere Rüge betrifft den räumlichen Anwendungsbereich der Entflechtungsvorgaben. Sie dürfte insbesondere auf Gazprom und die deutsche FNB-Tochter Gascade abzielen. Die vierte Rüge betrifft den personellen Anwendungsbereich der Entflechtung. Denn gemäß Art. 19 GasRL dürfen die Angehörigen eines FNB keine Anteile des Mutterkonzerns halten, wenn dieser mit Energie handelt. In Deutschland gilt dieses Verbot jedoch nur für Mitglieder der Unternehmensleitung.

In nachfolgender Slide habe ich die vier Rügen einmal kompakt und übersichtlich dargestellt. Sie steht hier auch als PDF zur Verfügung. Für die Rüge der mangelhaften Unabhängigkeit der BNetzA habe ich außerdem die wichtigsten Argumente der beiden Seiten dargestellt.

C-718/18 COM vs GER EnWG